Das traditionelle Färben mit Indigo
Bei unserer letzten Einkaufsreise nach Laos haben wir ein Dorf der Tai-Lue-Volksgruppe besucht, in dem Textilien traditionell mit Indigo, also den Blättern des Indigo-Strauches gefärbt werden. Dort haben wir uns den Prozess des Indigo-Färbens genauer angesehen (und natürlich ein bisschen mitgefärbt).
Ban Nayang liegt im Norden des Landes, etwa drei Autostunden von der alten Königsstadt Luang Prabang entfernt. Die schmale Hauptstraße windet sich am Fluss Nam Ou entlang, erklimmt manchmal dramatische Höhen, ehe sie wieder nahe an den Strom heranführt. Grüne Berghänge rahmen das Panorama. Unterwegs empfahl unser Fahrer, einen Stopp auf einem Markt einzulegen. Es traf sich hervorragend, dass er über jegliche Preisentwicklung im Land bestens informiert schien. Angeboten wurde eine bunte Auswahl an Früchten, Gemüse und vielen anderen landwirtschaftlichen Produkten – herrlich leuchtete Chili in sattem Rot.
Auf Stein gebaut
Dann endlich die Abzweigung nach Ban Nayang: Wir verließen die asphaltierte Straße, von nun an hüllte eine weiße Staubwolke den Wagen ein, die von der unbefestigten Piste aufstieg. Das Dorf bestand aus in die Landschaft gewürfelten Holzhäusern, in traditionellem Stil errichtet. Die langgestreckten Gebäude, einer Legende nach dem Körper eines Schwans nachempfunden, werden von Pfählen getragen, die ihrerseits auf Steinblöcken ruhen. Durch diese ganz eigentümliche Methode soll das Holz vor Schädlingsbefall geschützt werden. In dem offenen Raum unterhalb des Wohnbereiches verrichten die Weberinnen ihre Arbeit im Freien und sind doch vor Sonne und Regen geschützt. Federvieh spaziert auf den Wegen, Hunde dösen in der Hitze. Menschen sind hingegen kaum zu sehen – es ist Erntezeit auf den umliegenden Reisfeldern. Erst am frühen Abend wird sich Ban Nayang wieder bevölkern.
Ein Garten voller Farben
Unsere freundliche Gastgeberfamilie wohnt in einem modernen Haus an der Straße. Die Einrichtungen zum Färben der Garne befinden sich im kleinen Garten hinter dem Haus: große Behälter, in denen Indigoblätter eingeweicht sind, und Reihen von Tontöpfen mit der typisch blauen Flüssigkeit. Auch eine Feuerstelle und riesige Töpfe befinden sich hier, denn die Familie färbt zudem mit anderen Pflanzenfarben. Blätter, Wurzeln und Baumrinden müssen gekocht werden und in deren Sud wird schließlich das Garn zum Färben getaucht.
Wir schauen in Töpfe, Behälter und Körbe mit Hölzern, Rinden, und Wurzeln, riechen und rühren um. Bäume und Sträucher werden Farben zugeordnet und trotz sprachlicher Hürden erschließen sich die Prozesse des Färbens mit Pflanzenfarben. Schließlich werden knallrote Gummihandschuhe angezogen und und das Garn in die Indigo-Töpfe getaucht.
Am Ende unseres Besuchs, an dem wir schließlich Indigoblaue Hände und Farbspritzer auf den Füßen haben, werden wir im großen Aufenthaltsraum, der auch als Verkaufszimmer dient, mit einem laotischen Abendessen bewirtet. Wir nehmen es auf dem Boden sitzend ein. Hühnchen, Klebereis und Wasserspinat – ein Gemüse mit mürben Blättern und knackigen Stielen – werden ohne Besteck mithilfe der blauen Finger verspeist.
Alte und komplexe Färbetechnik
Das Färben mit Indigo ist eines der ältesten und komplexesten Färbetechniken. Zum Färben werden die Blätter des Indigo Strauches verwendet. Diese enthalten blaue Farbpigmente, die in Wasser schwer löslich sind und erst nach einer Reihe von chemischen Reaktionen die typische blaue Farbe entfalten. Es handelt sich dabei um einen Reduktions-Oxydationsprozess.
Herstellung der Indigo-Paste
Das Färbeverfahren ist langwierig und aufwändig. Zuerst werden die Blätter zwischen 24 und 48 Stunden in Wasser eingeweicht, bis eine leuchtend grüne Flüssigkeit entsteht. Zum richtigen Zeitpunkt, nämlich bevor sie zu verrotten beginnen, werden die Blätter entfernt und gelöschter Kalk wird in die Flüssigkeit gemischt. In Laos wird Kalk aus Kalksteinfelsen oder Süsswassermuscheln gewonnen. Erfahrene Weberinnen wissen genau, wieviel Kalk sie beimengen müssen, denn zuviel Kalk kann die Farbpigmente zerstören. Es entsteht sogenannter „weißer Indigo“.
Nun muss der Flüssigkeit Sauerstoff zugeführt werden. Dies geschieht entweder mit einem schirmförmigen Bambusstab, mit dem die Flüssigkeit geschlagen wird, oder es wird mit einer Schüssel Flüssigkeit entnommen und wieder zurück geschüttet. Durch den Oxydationsprozess entsteht schließlich blauer Indigo. Die Farbe verändert sich von grün zu blau und die Indigo-Pigmente setzten sich am Boden ab. Wenn schaumige Blasen an der Oberfläche entstehen, wissen die Frauen, dass genug Sauerstoff zugefügt wurde. Der Bodensatz wird duch ein Baumwolltuch gesiebt und in einem Tontopf als Paste aufbewahrt. Da der Herstellungsprozess aufwändig ist und Erfahrung vonnöten ist, wird die Paste auch an andere Weberinnen weiter verkauft.
Farbbad im Tontopf
In einem nächsten Schritt wird in einem Tontopf Indigo zum Färben angesetzt. Der blaue Indigo, der als Paste aufbewahrt wird, ist nicht färbend und muss deshalb wieder in färbenden „weißen Indigo“ umgewandelt werden. Dies geschieht, indem die Paste wiederum mit einer Lauge vermischt wird, die aus der Asche von Kokosnussschalen, Bananenblättern oder Kapokbäumen gewonnen wird. Die Mischung wird zusammen mit süßen Früchten oder Reiswhiskey zum Fermentieren stehen gelassen. Manchmal werden auch Chillis oder rostige Nägel beigegeben, um böse Geister abzuwehren. Denn nicht immer gelingt die Indigoherstellung, und zahlreiche Ge- und Verbote stehen damit in Verbindung.
Die Flüssigkeit wird jeden Tag umgerührt, und nach ein paar Tagen verändert sich die Farbe von dukelblau zu grün. Nun kann gefärbt werden. Das Garn wird immer wieder in das Farbbad getaucht und herausgezogen. Durch die Sauerstoffzufuhr wird wieder ein Oxydationsprozess in Gang gesetzt und die Farbe verändert sich wieder von grün zu blau. Das Garn wird nacheinander in mehrere Tontöpfe getaucht, und nach jedem Färbevorgang muss das Farbbad im Tontopf ruhen. Schließlich wird das Garn im Schatten getrocknet und zuletzt die überschüssige Farbe mit Wasser ausgewaschen.
Die Tontöpfe mit dem Farbbad werden über einen langen Zeitraum verwendet, und immer wieder wird Indigo-Paste oder Reiswhiskey hinzugefügt, um die Farbe „am Leben“ zu halten.
Wunderschöne Blautöne
Die Intensität der Farbtöne wird abhängig davon erzielt, wie oft das Garn in das Farbbad getaucht wird. Typisch für die Indigo-Färbung sind wunderschöne Blautöne in unterschiedlichen Nuancen, von hellblau bis zu einem tiefen Nachtblau. Am Handwebstuhl werden wunderschöne Schals und dekorative Wandbehänge gewebt. Die Baumwolle, die dafür verwendet wird, wir an den Hügeln rund um das Dorf angebaut.
Lernen Sie unsere tiefblaue Indigo – Kollektion kennen!